Was beeinflusst die Gehirnentwicklung von Kindern? Ein Blick in die Entwicklungspsychologie zeigt: die soziale, emotionale und kognitive Entwicklung von Kindern hängt ganz stark von der Erziehung ab. Ein Überblick.
Wenn ein Baby zur Welt kommt, ist sein Gehirn mit geschätzten 100 Milliarden Nervenzellen ausgestattet. Die neusten Untersuchungen zu kindlicher Entwicklung vom Center on the Developing Child an der Harvard University zeigen: Erstaunliche 1 Million Verbindungen pro Sekunde werden im Gehirn eines Kindes im Alter von 0 bis 3 Jahren aufgebaut. Das bedeutet, dass ein Baby heute um über 86 Milliarden Gehirnverbindungen anders ist als gestern.
Es geht hier mehr um die Dimension als um die genauen Zahlen. Das Wichtige ist: Mit diesen Gehirnverbindungen bildet sich in der frühen Kindheit das emotionale, soziale und Verhaltensrepertoire, das ein Kind bis zu seinem Lebensende behalten wird. Wie Eltern die Gesundheit ihrer Kinder beeinflussen und wie sich das menschliche Gehirn entwickelt, damit kennt sich Prof. Dr. Julia Zwank gut aus. Sie ist Professorin für Entwicklungspsychologie und Wirtschaftspsychologie an der SRH Fernhochschule – The Mobile University und leitet den Studiengang Angewandte Psychologie mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendpsychologie (M.Sc.).
Gehirnentwicklung von Kindern
Wenn ein Kind geboren wird, ist sein Gehirn nur ein Viertel so groß wie das spätere Erwachsenengehirn. Das größte Wachstum findet in den ersten Lebensjahren statt - da bilden sich die Gehirnverbindungen, die zu einem großen Teil darüber entscheiden, ob unser Kind mental stabil und empathisch oder depressiv wird. Es hängt neben den Genen vor allem von den ersten Lebensjahren ab, ob ein Kind höhere menschliche Fähigkeiten der Problemlösung, der Reaktion auf Stress, Selbstbewusstsein, Empathie, Freundlichkeit und Mitgefühl ausbildet. Es ist die Beziehung der Eltern zu ihrem Kind die diese entscheidenden Entwicklungen beeinflussen kann.
Emotionale Entwicklung von Kindern
Wie Joseph LeDoux es sagt: "Ein paar zusätzliche Verbindungen hier, ein paar weniger dort, mehr oder weniger Neurotransmitter da, und Lebewesen beginnen, sich anders zu verhalten." Was für einen Beobachter wie sehr kleine Verhaltensunterschiede aussehen mag – zwischen einer Mama, die sofort zu ihrem Baby geht, wenn es weint, oder einer Mama, die erst ihre Tasse Kaffee zu Ende trinkt, zwischen einem Papa, der positiv über sein Baby spricht, oder einem Papa, der immer wieder betont, wie anstrengend alles ist – all das kann kumulativ große Konsequenzen haben.
„Eltern, die ihren Kindern gegenüber zögerlich, gestresst, feindselig, abwesend oder gleichgültig sind, werden nicht in der Lage sein, die Art von Umgebung zu bieten, die für eine optimale Gehirnentwicklung eines Babys nötig ist. Auch wenn Babys von diesen Eltern vielleicht hochwertiges Essen bekommen und auch all ihre Entwicklungsmeilensteine erreichen, sie können sogar kognitiv sehr intelligent sein, werden sie sich dennoch im emotionalen Sinne höchstwahrscheinlich schlechter entwickeln und Defizite haben, die sie ein ganzes Leben behalten werden“, führt Prof. Dr. Zwank aus.
„Your brain is a map of experience“
Es gibt zum Beispiel einen Rattenstamm, der genetisch dazu veranlagt ist, ängstlicher zu sein als andere. Wenn sie bei ihren biologischen Müttern aufwachsen, neigen diese Rattenjungen dazu, ängstlich und leicht gestresst zu sein. Wenn sie allerdings „adoptiert” werden und von nicht ängstlichen Rattenmüttern großgezogen werden, wachsen diese Babyratten ohne Angst auf. Trotz dieser genetischen Komponente ist es die Erziehung, die zählt (Francis et al., 1997). Gleiches wurde bei Ratten aus einem Stamm mit wenig aggressiver Neigung festgestellt, die zu aggressiven Pflegemüttern gebracht wurden und auch umgekehrt.
Die emotionale und kognitive Entwicklung von Kindern hängt also maßgeblich mit der Erziehung und den Erfahrungen in den ersten Lebensjahren zusammen. Diese positiv zu gestalten, liegt in den Händen der Eltern und weiteren Bezugspersonen.
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Prof. Dr. Julia Zwank ist Professorin für Entwicklungspsychologie und Wirtschaftspsychologie an der SRH Fernhochschule – The Mobile University und leitet den Studiengang Angewandte Psychologie mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendpsychologie (M.Sc.).