Mit zwei Kindern, vier Koffern und Fernstudium im Gepäck ist Eugenie Weigel aus Deutschland nach Sansibar ausgewandert. Über ihr neues Glück und die Rolle der Physiotherapie auf der sagenumwobenen Insel im Indischen Ozean, erzählt sie hier.
Sansibar ist wunderbar: Wie eine Physiotherapie-Studentin westliche Heilpraktiken nach Afrika bringt
Aus Schweinfurt in Unterfranken nach Sansibar in Ostafrika. Das sind zwei völlig unterschiedliche Leben. Denn größer könnte der Kontrast kaum sein. Für Eugenie ist es aber genau dieser Kontrast, der sie mit strahlenden Augen erzählen lässt. „Ich habe meine zwei zufriedenen Kinder und vor meiner Haustür liegt eine paradiesische Landschaft. Das reicht mir, um glücklich zu sein.“ Weiße Sandstrände, kristallklares Wasser, schwimmen mit Schildkröten: „Die ganzen touristischen Dinge, haben wir am Anfang alle ausprobiert, jetzt genießen wir die Mentalität der Insel“, erzählt Eugenie.
Das Fernstudium als Startschuss um den eigenen Traum zu leben
Sansibar war schon immer ein Sehnsuchtsort für sie. Freunde von ihr lebten bereits auf den zwei Hauptinseln im Indischen Ozean. Die gelernte Physiotherapeutin fühlte sich irgendwann nicht mehr wohl in Deutschland. „Die Menschen sind oft voller Sorgen, hetzen von Termin zu Termin, der Druck im Schulsystem auf die Kinder. Dabei wird das Wichtigste, das Leben, oft vernachlässigt und hintenangestellt. Für mich war klar, dass ich diese Lebensweise nicht dauerhaft fortführen möchte“, erinnert sich die 32-Jährige. Der Entschluss zur Auswanderung war gefasst. Weil sich Eugenie aber ihre Physiotherapie-Ausbildung noch mit einem akademischen Abschluss aufwerten lassen wollte, war klar, sie möchte studieren. „Das passte natürlich weder organisatorisch noch finanziell zu meinen Auswanderungsplänen“, erinnert sie sich.
Die erste Hürde löste sich in Luft auf, als sie den Fernstudiengang Therapiewissenschaften - Physiotherapie an der SRH Fernhochschule – The Mobile University fand. Und die Frage der Finanzierung war schließlich auch schneller geklärt als gedacht. Sie bewarb sich um ein Hochschulstipendium und wurde ausgewählt. „Als die Zusage kam, habe ich mich sofort an den Rechner gesetzt und Flüge gebucht“, freut sich Eugenie.
Alleinerziehend in Afrika – Umstellung für Mutter und Kinder
Das ist nun schon zwei Monate her. In der Zwischenzeit hätten sich ihre Kinder (4 & 11) bereits gut integriert, gehen auf eine internationale Schule und sind glücklich. Aber natürlich sei es für die beiden eine herausfordernde Situation. Für den jüngeren Sohn sei alles noch ein wenig einfacher. „Der ist einfach glücklich, dass er nach der Schule viel Zeit mit mir draußen am Strand verbringen kann“, berichtet sie. Generell spiele sich der Großteil des Lebens auf Sansibar draußen und vor allem am Strand ab. Schnell käme man mit den einheimischen Kindern in Kontakt. „Es ist einfach schön zu sehen, dass Kinder da keine Unterschiede machen. Es ist egal, dass sie sich nicht mit Worten verständigen können, sie spielen miteinander und genießen den Moment in vollen Zügen. Das macht mich als Mutter dann auch glücklich.“ Ihr großer Sohn hätte da schon etwas mehr zu überwinden. „Der bekommt natürlich einfach schon viel mehr mit – gerade was die kulturellen Unterschiede anbelangt. Das beschäftigt ihn“, sagt die Physiotherapeutin.
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Kultururelle Unterschiede sind ein gutes Stichwort. Eugenie ist mit dem Ziel nach Sansibar gekommen, parallel zum Fernstudium Physiotherapie anzubieten. Vor Ort gestaltet sich das allerdings schwierig. „Physiotherapie oder genauer den Beruf einer Physiotherapeutin kennt hier niemand. Hier gibt es Hebammen, Krankenschwestern und Ärzte. Das wars.“ Während andere Auswanderer glücklich über die erste Physiotherapeutin auf Sansibar sind, muss sie unter den Einheimischen viel Aufklärungsarbeit leisten. „Hier gibt es den Doktor. Das ist grundsätzlich immer ein Mann. Wenn man Probleme hat, geht man dort hin und bekommt fast immer nur Schmerzmittel. Mein Ansatz als Physiotherapeutin ist ein anderer, das muss ich natürlich erstmal erklären“, berichtet sie. Grundsätzlich habe die physiotherapeutische Arbeit auf der Insel einen anderen Fokus als in Deutschland. „Es kommt kaum jemand, weil er die Folgen von zu vielem Sitzen oder andere Berufskrankheiten behandelt haben möchte. Der Großteil der einheimischen Menschen, die ich behandele, leidet an den Folgen von Unfällen – sei es im Straßenverkehr oder nach Tritten von Kühen.“
Während bei der erwachsenen Bevölkerung noch viele Vorbehalte hinsichtlich der Physiotherapie bestehen – immerhin sei sie weder Arzt noch Heilerin, sei besonders die Arbeit mit Kindern sehr schön. „Die Kleinen sind offen, freuen sich, wenn man Übungen mit ihnen macht. Bei den Erwachsenen herrscht viel Skepsis. Besonders weil Physiotherapie natürlich auf einen längeren Behandlungszeitraum angelegt ist, wohingegen die bekannten Schmerzmittel sofortige Besserung versprechen.“ Ein weiteres Beispiel sei das Tapen – aus der Physiotherapie in Europa kaum wegzudenken, auf Sansibar Neuland. Nachdem sie einem Einheimischen ein Tape anlegte, traf sie ihn einige Tage später wieder und fragte nach der Wirkung. „Da kam nur ‚por poa‘, das heißt so viel wie ‚passt scho‘ im fränkischen“, erzählt sie mit einem Schmunzeln.
Kinder, Studium und Strand bis zum Sonnenuntergang um Punkt 18.30 Uhr
Trotz all der Widrigkeiten fühlt sich Eugenie angekommen auf der Insel. „Diese Insel hat einen ganz speziellen Vibe. Sansibar hilft beim Entschleunigen. Man lernt im Hier und Jetzt zu leben, den Moment zu schätzen und zu genießen. Das tut einfach gut.“ Die neue Umgebung habe ihren Kindern gezeigt, dass es nicht immer alles im Überfluss benötigt. „Wir brauchen keine 20 Joghurt-Sorten. Es reicht eine und selbst die ist hier nicht immer verfügbar“, berichtet Eugenie. Die Auswanderung habe sie gelehrt, die kleinen Dinge des Lebens bewusster wahrzunehmen. „So wächst die Dankbarkeit und Wertschätzung für das, was wirklich zählt.“ Sie wohnt mit ihren zwei Kindern in einer bewachten Wohnanlage. Während der Nachwuchs in der Schule ist, bietet sie Physiotherapie an und arbeitet an ihrem Studium. Den Nachmittag verbringt sie mit ihren Jungs und deren Hausaufgaben und danach ist die Familie meist am Strand. Bis zum Sonnenuntergang. Aufgrund der Nähe zum Äquator ist dieser immer um Punkt 18.30 Uhr. Wenn die Kinder schlafen, geht es weiter mit dem Fernstudium. Ihr Ziel: „Jeden Monat ein Modul ablegen. In den ersten beiden Monaten hat das super geklappt.“
Dank des Hochschulstipendiums der SRH Fernhochschule kann Eugenie ihren Traum leben, arbeiten und studieren. Was nach dem Bachelorstudium folgt, hält sie sich offen. Vielleicht der Master, vielleicht etwas komplett anderes, sie sei ein Freigeist und suche die Herausforderung: „Wir werden sehen. Wichtig ist, dass meine Kinder und ich zusammen und glücklich sind. Egal an welchem Ort.“ Wir wünschen alles Gute!
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