Der öffentlich-rechtliche Rundfunkbeitrag ist ein öffentlich heiß diskutiertes Thema, welches in den vergangenen Monaten wieder vermehrt in den Medien präsent war. Medienexperte Prof. Dr. Hermanni gibt einen Überblick über die aktuelle Situation.
Soll der öffentlich-rechtliche Rundfunkbeitrag steigen? Ein Meinungsbild zwischen Ablehnung und Zustimmung.
Die Kontroverse um die Erhöhung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkgebühr geht in die letzte Runde. Beide Seiten, öffentlich-rechtlicher Rundfunk und Politik, haben sich in den letzten Monaten in aller Öffentlichkeit positioniert, bevor voraussichtlich ab Februar 2024 über die Festsetzung des Rundfunkbeitrags in den Bundesländern entschieden wird.
Wie wird der Rundfunkbeitrag ermittelt?
Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) berechnet gegenwärtig den Bedarf für die Beitragsperiode 2025 bis 2028. In diesem Kontext sind die Sonderrücklagen ebenso zu berücksichtigen wie die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, die Rationalisierungsmaßnahmen einbeziehen. Hierbei ist zu bedenken, dass jährlich schon circa neun Milliarden Euro an Gebühreneinnahmen bei ARD, ZDF, Deutschlandradio und Arte verbucht werden.
Paradoxerweise wurde in den Medien bereits im März 2023 darüber berichtet, dass die ARD eine weitere Erhöhung des Rundfunkbeitrags plant. Umso erstaunlicher bei einem deutlichen Einnahmenüberschuss in der laufenden Beitragsperiode, aufgedeckten Skandalen bspw. bei der ARD-Anstalt Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und exorbitanten Jahresgehältern der Spitzenkräfte, die mehr als 400.000 Euro verdienen können (das Gehalt des WDR-Intendanten liegt bei rund 416.000 Euro und fällt deutlich höher aus als das des NRW-Ministerpräsidenten).
Wie kann konstruktiv über die Rundfunkgebühr diskutiert werden?
Theoretische Ansätze zur Sparsamkeit gibt es reichlich für die öffentlich-rechtliche Senderfamilie von ARD, ZDF und Deutschlandradio mit 20 Fernseh- und 70 Hörfunkprogrammen, die allerdings zu selten Gehör finden. Mehrere Ministerpräsidenten, bspw. die Regierungschefs Bayerns (Markus Söder), Brandenburg (Dietmar Woidke) und Sachsen-Anhalts (Reiner Haseloff) lehnen eine Erhöhung der Rundfunkgebühr ab. Sie argumentieren u.a., dass keine umfassenden Reformvorschläge vorliegen, es zu vieles vom Gleichen und zu viele Unterhaltungsprogramme gibt.
Hinzu kommt, dass junge Menschen die Rundfunkgebühr bezahlen müssen, aber kostenpflichtige Videostreaming-Dienste präferieren: 55% der 16- bis 29-Jährigen nutzen regelmäßig Dienste wie Netflix, Amazon Prime Video, Sky Ticket oder Apple TV+ (vgl. Bitkom-Research 2022). Mir scheint, wir brauchen in Deutschland eine breite Diskussion über die Rundfunkgebühr und die damit verbundenen Ausgaben, weil alle Bürger davon betroffen sind. Allerdings ohne das bewährte Rundfunksystem infrage zu stellen.
Die Entscheidungsfindung
Letztlich beschließen aber die Volksvertreter in den 16 Landesparlamenten darüber, inwiefern eine Gebührenerhöhung erfolgt und in welcher Höhe. Insbesondere weitgehend unbekannte Abgeordnete sind jedoch bei der Abstimmung in gewisser Weise voreingenommen, denn sie sind auf die öffentlich-rechtlichen Regionalprogramme ausdrücklich angewiesen. Ohne eine Berichterstattung über ihre Aktivitäten in den Wahlkreisen erreichen sie zumeist nicht die Wählerschaft.
Fürwahr ein schwieriges Unterfangen bei der Abstimmung über eine Erhöhung der Rundfunkgebühr, wenn Parlamentsabgeordnete nur ihrem Gewissen verpflichtet sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die Länder nur gemeinsam von der KEF-Empfehlung abweichen können
Professur für Medien- und Kommunikationsmanagement
Über den Autor
Prof. Dr. Hermanni ist seit 2014 Professor für Medien- und Kommunikationsmanagement an der SRH Fernhochschule - The Mobile University. Hermanni durchlief im Zuge seiner dreißigjährigen Berufserfahrung diverse Führungspositionen bei namhaften Unternehmen und war auch als selbstständiger Filmproduzent weltweit tätig.
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