Obwohl Medien-Studiengänge besonders bei Frauen beliebt sind, sind in den Medienhäusern größtenteils Männer in den Führungspositionen. (Lesedauer: 6 min)
Trotz hoher Qualifizierung sind Frauen in den Chefredaktionen deutscher Medienunternehmen immer noch unterrepräsentiert. Prof. Dr. Thomas Bippes, Professor für Medien- und Kommunikationsmanagement an der SRH Fernhochschule fordert deshalb „Klarheit darüber, warum auch in den Medien Führungspositionen noch immer mehrheitlich mit Männern besetzt bleiben, obwohl mehr Frauen sich für Medienjobs qualifizieren als Männer.“
Diese Ungleichheit wirft Fragen auf und ruft nach Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit. Die Erhebung des sogenannten Frauenmachtanteils spielt dabei eine wichtige Rolle, um geeignete Lösungsansätze zu entwickeln.
Es gibt Bewegung, aber zu wenig
Parität in den Medien – Fehlanzeige. ProQuote Medien, ein Verein, der sich für eine paritätische Besetzung von Führungspositionen in deutschen Medien einsetzt, stellt fest, dass trotz einiger Fortschritte immer noch zu wenige Frauen in leitenden Positionen zu finden sind.
Der Verein plädiert für eine Frauenquote, um gleiche Karrierechancen für Männer und Frauen zu gewährleisten. Dazu veröffentlicht der Verein halbjährlich seine Leitmedienzählung, die Veränderungen in den Frauenmachtanteilen in dokumentiert. Die aktuelle Auswertung zeigt: Vor allem in den allgemein als eher konservativ wahrgenommenen Zeitungen ist der gewichtete Frauenmachtanteil gering:
Die FAZ kommt nur auf 23,9 Prozent, die Bild auf 29,5 Prozent, die Welt auf 29,8 Prozent und der Focus auf 34,5 Prozent. Etwas besser, aber auch nicht paritätisch sieht der gewichtete Frauenmachtanteil beim Stern mit 37,9, beim Spiegel mit 41, bei der Süddeutschen mit 44 und bei der Zeit mit 44,5 Prozent aus.
Einzig die taz glänzt mit einem Frauenmachtanteil von 64,5 Prozent. Nur beim Focus, bei der Süddeutschen und der taz hat es im Vergleich zum Juli 2022 laut ProQuote eine – wenn auch geringe – Erhöhung des Frauenmachtanteils gegeben.
Frauenanteil nimmt ab, je weiter es die Karriereleiter rauf geht
Besonders besorgniserregend ist die Entwicklung in deutschen Regionalzeitungen, wo der Anteil weiblicher Führungskräfte weiterhin niedrig ist. Dies wirft die Frage auf, ob diese Ungleichheit auch Einfluss auf die Themenauswahl hat, da in den Chefsesseln die Richtung vorgegeben wird.
Prof. Dr. Bippes betont, dass der festgestellte Frauenmachtanteil im Widerspruch zum Frauenanteil in den medienrelevanten Studiengängen steht. Deshalb sieht er die Erhebung des Frauenmachtanteils als wichtiges Instrument, um die bestehende Ungerechtigkeit zu erkennen und anzugehen.
Machtmissbrauch in Medienunternehmen kommt immer noch zu häufig vor
Die Situation verdeutlicht die Notwendigkeit, weiterhin für Geschlechtergerechtigkeit in den Medien zu kämpfen, nicht nur auf lokaler, sondern auch auf bundesweiter Ebene. Es geht dabei nicht nur um gleiche Chancen für Frauen, sondern auch um den Kampf gegen Machtmissbrauch, der in einigen Medienunternehmen immer noch für Negativschlagzeilen sorgt. „Es ist nicht auszuschließen, dass sich diese Ungleichheit auch auf die Themenauswahl auswirkt, denn in den Chefsesseln werden die Themen gesetzt“, so Prof. Dr. Bippes.
Er hält ProQuote deshalb für eine „unbedingt unterstützenswerte Initiative.“
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Prof. Dr. Thomas Bippes
ist Professor für Medien- und Kommunikationsmanagement an der SRH Fernhochschule - The Mobile University und Studiengangsleiter für Medien- und Kommunikationsmanagment (B.A.) sowie Online Marketing (B.A.).
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